Die Regierung möchte Privatleute von hohen Energiekosten entlasten. Wie genau sieht das aus? Wie kommt das Geld bei den Haushalten an? Müssen Sie jetzt tätig werden? Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick.
Was ist geplant?
Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission hat am Montag, 10 Oktober ihre Vorschläge zur finanziellen Entlastung von Verbrauchern präsentiert. Diese Vorschläge sind noch nicht final. Die Details sollen im Lauf des Oktobers ausgearbeitet werden. Die Bundesregierung muss den Vorschlägen auch erst noch zustimmen, bevor sie umgesetzt werden können. Es sieht aber so aus, als würde Sie das tun. Geplant ist ein zweistufiges Entlastungsverfahren:
Maßnahme 1: Einmalige Abschlagzahlung im Dezember
Als erste Maßnahme soll der Staat die Abschlagszahlungen für Dezember komplett übernehmen. Das bedeutet, dass Privatleute nur elf statt der üblichen zwölf Abschlagszahlungen leisten müssen. Die Maßnahme gilt für Gas- und Fernwärme – wer mit Öl oder einer Alternative heizt, geht leider leer aus. Das läuft dann so ab, dass die Versorger darauf verzichten, die Dezember-Abschlagszahlung von den Haushalten einzuziehen. Sie bekommen das Geld direkt vom Staat.
Für die Einmalzahlung wird die Abschlagszahlung vom September zugrunde gelegt. Das hat einen einfachen Grund: Es soll verhindern, dass Versorger oder Verbrauchende schnell noch im Oktober oder November den Abschlag erhöhen, um mehr vom Staat finanziert zu bekommen. Das bedeutet allerdings auch: Wer jetzt noch eine Abschlagserhöhung vom Versorger bekommt, bleibt auf der Differenz sitzen. Sie wird nicht vom Staat übernommen.
Maßnahme 2: Gaspreisbremse
Die zweite große Maßnahme, die die Expertenkommission vorschlägt, ist die Gaspreisbremse. Die Idee besteht darin, ein Gas-Grundkontingent über einen gewissen Zeitraum hinweg zu deckeln. Das funktioniert so: 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs an Gas werden als Basis genommen. Hierfür zahlen Verbrauchende 12 Cent pro Kilowattstunde Gas und 9,5 Cent pro Kilowattstunde Fernwärme. Die Differenz zu den tatsächlich herrschenden Marktpreisen zahlt der Staat. Zum Vergleich: Der aktuelle Mittelwert für Gas liegt bei 28,3 Cent pro Kilowattstunde. Vor einem Jahr waren es noch 6,8 Cent. Die Gaspreisbremse soll nach Vorschlag der Expertenkommission ab März, spätestens April 2023 gelten und bis mindestens Ende April 2024 bestehen bleiben. Der Ministerpräsident und auch Kanzler Olaf Scholz würden die Maßnahme aber lieber schon zum 1. Januar 2023 umsetzen, um die Bürger im Winter nicht allein zu lassen. Die Frage ist allerdings, ob dies technisch umsetzbar ist. Dazu wird sich Kanzler Scholz nun mit den Energieversorgern beraten. Konkret umgesetzt wird die Gaspreisbremse über die Gasrechnung: Dort steht dann zwar der volle Preis, aber gleichzeitig auch eine Gutschrift in entsprechender Höhe. Man zahlt also grundsätzlich nur 12 beziehungsweise 9,5 Cent pro Kilowattstunde, unabhängig vom dann geltenden Marktpreis – vorausgesetzt, man bleibt unter den 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Darüber hinaus wird es teuer.
Die Gaspreisbremse funktioniert nach dem Prinzip Gießkanne. Das heißt, dass nicht nur diejenigen gefördert werden, die eine Entlastung dringend benötigen, sondern auch reiche Menschen, die zum Beispiel eine Villa besitzen (und mit Gas beheizen).
Ursprünglich war eine Obergrenze für die Subventionen diskutiert worden, aber die scheitert an einem Grundsatzproblem: Gasanbieter können nicht unterscheiden, ob sie ein Mehrfamilienhaus oder eine Villa beliefern, weil keine Daten über den Gebäudetyp hinter dem Gasanschluss vorliegen.
Die einmalige Abschlagszahlung muss in der Steuererklärung als geldwerter Vorteil angegeben werden. Dabei soll allerdings ein hoher Freibetrag gelten, um wirklich nur Steuern von denjenigen einzuziehen, die es sich leisten können. Auch die Gaspreisbremse könnte versteuert werden, dazu liegen allerdings noch keine konkreten Vorschläge vor.
Eine Veranlagungspflicht entsteht auf jeden Fall nicht. Das heißt, niemand muss eine Einkommenssteuererklärung machen wegen der Entlastungspakete. Die Steuererklärung bleibt freiwillig für alle, die auch vorher keine Steuererklärung einreichen mussten. Von Januar 2023 an soll es zusätzlich einen Hilfsfonds geben, zum Schutz von Mietenden und Eigentümer. Damit sollen zum Beispiel Liquiditätsprobleme von Vermietenden überbrückt werden, die bereits höhere Gaspreise zahlen, aber die Abschläge ihrer Mieter noch nicht erhöht haben und somit in Vorleistung gehen. Sie sollen zinslose Hilfen erhalten. Das gilt auch für alle, die zur Miete wohnen und trotz der Entlastungen finanziell stark überfordert sind. Die Hilfen sollen so lange bestehen, bis die geplante Ausweitung des Wohngelds wirkt. Die Ampel-Koalition hat die Vorschläge der Expertenkommission positiv aufgenommen und angekündigt, die Maßnahmen schnell umsetzen zu wollen. Es soll noch diese Woche darüber entschieden werden. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen muss auch die EU-Kommission noch ihr Ok geben. Dann kann es losgehen.
Achtung: Sparzwang
Wer über die 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs kommt und mehr Gas oder Fernwärme verbraucht, zahlt den vollen Preis. Dadurch sollen Privatleute einen Anreiz zum Sparen bekommen. Die Kommission hält es nämlich für nötig, dass mindestens 20 Prozent Gas eingespart wird.